Weiblichkeit – Diagnose Brustkrebs
Wir starten in den Weiblichkeit-Wissens-Dialog mit einem tiefgreifenden Thema, Weiblichkeit – Diagnose Brustkrebs. In diesem Beitrag erzählen zwei Frauen ihre eigene Geschichte zu dem Thema.
Ich bin sehr berührt, dass zwei mit mir verbundene Menschen, ihre sehr persönlichen Erfahrungen mit mir, mit Dir, mit Euch teilen. Von Herzen Dank für Euren Mut und Eure Offenheit, liebe Ingelore und liebe Ute!
„Die Weiblichkeitsfragen kann ich vielleicht nicht zu Deiner Zufriedenheit beantworten. Als der Krebs bei mir entdeckt wurde, war ich ja 65 Jahre alt. Sexualität bekommt dann einen anderen Stellenwert. Ich empfand das auch nicht als Angriff auf meine Weiblichkeit, sondern auf mein Mensch-sein. Auf mein Vertrauen in meinen Körper.
Die Diagnose hat mich zunächst zutiefst verunsichert. Nichts ist dann mehr wie es war. Das Procedere dann aber – Vorstellung im Krankenhaus, Erklärung des Ablaufs usw. – ging dann aber sehr zügig und hat mich dann beruhigt.
Wesentlich für meine Befindlichkeit war meine Zufriedenheit mit dem Krankenhaus und mein Vertrauen zu den behandelnden Ärzten. Der medizinische Eingriff hat mir zunächst wegen der Narkose Angst gemacht. Der Operateur, der vorher alles mit mir besprochen hat, konnte mir aber dann aber Zuversicht geben. Mit dem kosmetischen Ergebnis der OP bin ich von Anfang an zufrieden gewesen. Ich habe mich auch sehr schnell erholt, hatte keinerlei Bewegungseinschränkungen. Hatte einfach auch sehr viel Glück! Auch die folgende Chemotherapie war hauptsächlich schwer für mich, weil Fredi inzwischen ebenfalls operiert worden war. Seine Bestrahlungen hatten angefangen und ihn aus der Bahn geworfen. Ich mußte sehr auf ihn aufpassen, was mich oft sehr belastet hat, weil es mir selber schlecht ging. Das hat mich sehr oft an meine Grenzen gebracht.
Der Haarausfall während der Chemo: Das war zunächst bitter. Haare haben ja offenbar viel mit Weiblichkeit zu tun. Aber als büschelweise Haare ausgingen, habe ich Fredi gebeten, einfach alles weg zu rasieren. Das hat er dann auch gemacht. Zunächst mochte ich nicht in den Spiegel sehen, war dann auch zunächst sehr traurig. Das war dann schnell weg. Ich konnte dann zu meiner Glatze stehen, weil ich – wie eine Freundin mir sagte – einen gut geformten Kopf habe. Ein Lichtblick! Daher habe ich auch auf eine Perücke verzichtet und mit Mützen und Tüchern gearbeitet. Zu Beginn des Jahres 2012 fingen die Haare dann wieder an zu sprießen.
Ich vermute, dass ein Faktor dabei war, dass man mit Mitte 60 nicht mehr darauf angewiesen ist, was die Umwelt von einem denkt. “Mein Gott, wie sieht die denn aus!” Das war/ist mir total wurscht. Aber das Vertrauen in meinen Körper ist mir abhanden gekommen. Und ich habe meine alte Kondition nicht wieder erlangt. Das ist bitter.
(Eine ehemalige Klassenkameradin mit der gleichen Erkrankung hat das ebenfalls bestätigt, meinte aber, das sei vielleicht auch unserem Alter geschuldet.)
Ich kann erst am Ende diesen Jahres erst sagen: Ich bin wieder gesund. Denn mir stehen noch 2 Nachsorgeuntersuchungen bevor. Diese gehören zu einem Brustkrebs-Nachsorgeprogramm und haben mir immer Zuversicht und Ruhe gegeben.
Ich empfinde es nicht so, dass die Erkrankung etwas mit meiner Weiblichkeit gemacht hat. Das ist sicherlich bei jungen/jüngeren Frauen anders. Sicherlich spielt auch der Beziehungsstatus, in der eine Frau lebt, und auch die Qualität der Beziehung eine Rolle.
Ich habe das Gefühl, das diese Erfahrung, dazu gehört auch Fredis Erkrankung und sein Sterben, mich zu einem ganzen Menschen gemacht haben. Auch während wir beide krank waren, haben wir häufig sehr glückliche Momente gehabt. Ich schaue zurück und bin sehr dankbar. “
von Ingelore Pagel 11/01/2016
Die Weiblichkeit… et moi
Wie fühltest Du Dich vor der (Brustkrebs) Diagnose?
“ Anfang 2011 ging es mir so gut wie selten in meinem Leben: Eine persönliche Krise schien überwunden, mit einer motivierenden, wunderbaren Trainerin lief ich mit einer bunt gemischten Frauentruppe auf einen Halbmarathon zu. Langsam und mit viel Freude, der Weg war das Ziel.
Kurz darauf die Diagnose: Hochaggressiver, schnellwachsender Brustkrebs.
Ein letztes Training Mitte April 2011: Ich laufe 10 km und gehe anschließend zu Sabine´s Stepper-Training.
Mein schwerer Pferdeschwanz fällt mir bei jeder Bewegung wippend in den Rücken und ich genieße es sehr bewußt und wissend, dass Haare und Kraft mich bald verlassen würden.
Weiblichkeit – das sind für mich bis zu diesem Zeitpunkt:
Meine langen Haare, Weichheit, Stärke, Empathie, Lust
Bis auf die Weichheit, die mit beginnender Chemotherapie das Zepter über meinen Körper übernimmt, hat sich alles andere vermeintlich weibliche im aggressiven Medikamenten-Cocktail erst ein mal aufgelöst.“
Was machte die Diagnose mit dir als Frau?
“ 4 Wochen danach sind die Haare kurz geschnitten & das ist ist gut so: Ich stehe auf der Neuen Bult und sehe einem Pferderennen zu. Auf der Zielgerade kämpfen die Pferde gegen den Wind – ich spüre und sehe, wie er meine Haare in Büscheln davon trägt. Wenige Tage später bin ich kahl.
Hätte ich gewußt, dass die Regelblutung vor ein paar Tagen die letzte meines Lebens sein sollte, ich hätte ein Fruchtbarkeitsfest daraus gemacht.
Wenig später blickt mir aus dem Spiegel eine pausbäckige, leicht aufgedunsene aber zuversichtliche buddistische Nonne entgegen; sie lacht mich an. Auch als sie von der Chemotherapie eitrige Pusteln auf dem Schädel bekommt, lächelt sie mir zwinkernd zu.
Die fehlenden Haare sind kein Problem. Mir ist klar: es geht ums Überleben. Mein Tumor ist bösartig und extrem schnell wachsend. Das liegt nicht in der Familie – an Brustkrebs war da noch niemand gestorben; irgendetwas entrüstete sich in mir.
Ich bin wütend auf meinen Freund, der gesund und kraftvoll ist, zudem Begünstigter meiner Lebensversicherung (blöder Gedanke!). Jemand, der ernten darf, weiterleben kann. Ich laufe nach der Diagnose vom Krankenhaus nach Hause, durch die wunderschöne Eileniede, versuche mich zu beruhigen. Der Frühling ist spürbar, die Vögel singen, und ich soll sterben. Zur rechten steht ein Baum, der im oberen Stamm ein Geschwür trägt. Radfahrer klingeln, ich drücke mich an den Wegesrand; traue mich nicht, den Baum zu umarmen, lehne aber meinen Rücken an seine Rinde, und weine leise eine Weile vor mich hin.
Alles, was ich mit meiner Weiblichkeit in Verbindung bringe, wird mit den Hormonen während der Chemotherapie weggebombt. Dies steht allerdings im Hintergrund. Erst mal überleben – alles andere wird sich finden… Und während ich dies schreibe, merke ich, dass das Leben an sich für mich weiblich besetzt ist; La vie : wie recht die Franzosen haben.“
Was haben die medizinischen Eingriffe mit Dir und Deinem Körper gemacht?
“ Die Zeit der neoadjuvanten also vorgeschalteten Chemotherapie und der darauf folgenden Operation waren fürchterlich und zehrend. Ich wünschte mir so sehr, dass das Leben noch weitergehen möge für mich und hatte eine seltsame Gewissheit, dass es so sein würde.
Wie auch immer, zumindest hatte ich keine Angst; die alles erst einmal zerstörende Chemotherapie konnte ich annehmen. Ein halbes Jahr später folgte die Operation. Zu diesem Zeitpunkt war der Körper so geschwächt, dass nur das Weiterleben zählte. Ob nun mit oder ohne Brust…
Ich erwachte Ende September 2011 glücklich aus der OP mit einer echten Brust und einer aus Silikon.
Wichtig war das das Wieder-in der Welt-sein. Es brauchte 5 Tage, bis ich mich traute, die Silikonbrust anzuschauen.
Alles was dann kam, war zauberhaft, denn es war leben.
Dies ist wohl das beste am Überleben einer bösartigen Krise: jeder Moment wurde kostbar.“
Wie geht es Dir mit Deiner Weiblichkeit heute, seit Du gesund bist?
“ Gesund bin ich im medizischen Sinne noch nicht: Ich befinde mich innerhalb der 5-jährigen, so genannten Heilungsbewährung; immerhin: 4 Jahre habe ich bereits geschafft.
Meine Weiblichkeit kam zum ersten Mal wieder in mein Bewußtsein 3,5 Jahre nach der Brustkrebs-Diagnose. Ich bringe eine Osteopathie-Behandlung damit in Verbindung.
Da war auf ein mal wieder diese wunderbare Idee von Lust.
Es hatte lang gedauert, was sicherlich auch damit zu tun hatte, dass ich mich zwischenzeitlich von meinem Freund getrennt hatte und das Thema Sexualität für mich komplett auf Eis lag.
Mit der Versehrtheit hat das Zeigen oder auch Betonen meiner Weiblichkeit eine andere Bedeutung bekommen. Ich traue mich vieles noch nicht. Meine Weiblichkeit hinkt noch und hat Angst vor Intimität.
Und trotz allem (oder vielleicht auch gerade deshalb?):
Ich lebe mein Leben genussvoller und bewußter.
Meine Weiblichkeit ist wieder bei mir, bei allem, was ich tue und empfinde. Abhandengekommen ist mir die Fruchtbarkeit; da ich mir nie eigene Kinder gewünscht habe, tat dies am wenigsten weh.
Vielschichtig und doch ganz einfach beschreibt Gertrud Stein mein Empfinden von Weiblichkeit:
„A rose is a rose is a rose“ “
von Ute A. Müller 11/01/2016
Danke♥
‚Vielen Dank für Eure mutige Offenheit!‘ Anonym 2016
Hier ein paar Empfehlungen, hilfreiche Erfahrungen von betroffenen Frauen für Frauen:
Das Buch ‚Wieder gesund werden‘ . O. Carl Simonton gibt in dem Buch eine Anleitung die Selbstheilungskräfte zu aktivieren durch Entspannung und Visualisierung.
Fasten kann im Heilungsprozess einer Krebserkrankung unterstützend sein.
Prof. Coy ist ein deutscher Onkologe, der Ernährungsgrundlagen nach einer Tumorerkrankung aufzeigt.
Die Seite Biokrebs bietet Informationen für Betroffene aus medizinisch-ganzheitlicher Sicht.
Diese Informationen sind als Hinweise und mögliche ‚Werkzeuge‘ zu betrachten. Jede Frau entscheidet eigenverantwortlich, was sie braucht!
Hast Du eigene Erfahrungen? Was hat dich beim Gesunden unterstützt? Mit welchen Heilverfahren hast Du Erfahrungen gemacht? Bist Du PartnerIn von einer Frau mit Brustkrebs, wie erlebst Du die Situation? Hast Du medizinisches Wissen zu dem Thema? Ich freue mich auf einen wertschätzenden, Wissens-Dialog mit Dir, mit Euch!
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